Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas: "In jener Zeit begleiteten viele Menschen Jesus; da wandte er sich an sie und sagte: Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein. Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, der kann nicht mein Jünger sein."
Ausschnitte aus der Predigt:
Ich gebe zu, dass das heutige Tagesevangelium für den ersten Sonntagsgottesdienst in einer Pfarrgemeinde für einen neuen Pfarrer durchaus eine Herausforderung darstellt. Denn Jesus fordert uns heute einiges ab. Ich darf noch einmal daran erinnern: Wer nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet, wer nicht seine familiären Beziehungsgeflechte und sogar sein eigenes Leben geringachtet, und wer nicht sein Kreuz trägt und ihm nachfolgt, der kann nicht Jesu Jünger oder Jüngerin sein.
Puh! Das sind gewaltig starke Anforderungen, die im heutigen Tagesevangelium weltweit an uns Christen gerichtet werden. Und ich stelle mir schon die Frage, ob wir diese Aussagen überhaupt ernst nehmen, oder ob sie solch eine Herausforderung darstellen, dass sie beim einen Ohr rein- und beim anderen Ohr rausgehen und uns eigentlich gar nicht mehr existentiell treffen und berühren. Denn, das müssen wir wohl ehrlich zugeben: diese Anforderungen Jesu widersprechen im Kern den Gepflogenheiten unter bayerischen Katholiken und Katholikinnen. Auch in Dachau. Das traue ich mich zu sagen. Denn die meisten Christen und Christinnen, und dazu gehören wir ja wohl, die sind doch stolz auf ihren Besitz, den sie sich selbst erwirtschaftet haben oder den sie erworben haben. Wir sind doch stolz, wenn wir ein Haus oder eine Wohnung haben. Wir sind doch stolz, wenn wir bestimmte Ersparnisse vorweisen können. Wir sind doch stolz, wenn wir ein schickes Auto haben. Wir sind doch stolz auf die technischen Gerätschaften, die unser Eigenheim auszeichnen, auf unsere Kleidung, auf unser teures Mobiliar. Wir sind doch stolz darauf.
Und nicht nur, dass wir darauf stolz sind. Wir beziehen daraus auch unsere Sicherheit und unsere Identität. Das macht uns doch aus, macht aus, wer wir sind. Also widersprechen die Herausforderungen Jesu heute unserem Lebensstil und den Gepflogenheiten, die wir als Christen und Christinnen von 2019 lieben. Also müssen wir uns gleich die Frage stellen, warum soll denn Besitz und Familienleben einem guten Christsein im Wege stehen? Was ist denn so schlecht daran?
Und wir können das alles doch auch positiv sehen. Wenn wir Familie haben, können wir die Kinder und Enkel auch christlich erziehen und den Glauben weitergeben an die nächsten Generationen. Und wenn wir Besitz haben, dann können wir einen bestimmten Teil davon auch spenden und christlichen Zwecken zuführen. Was ist denn daran so schlimm?
Um diese Frage zu beantworten, schlage ich vor, dass wir uns mit der Person dieses Jesus von Nazareth auseinandersetzen. Und da begegnet uns ja ein Jesus, der selbst in eine Familie hineingeboren worden ist. Und als er auf Wanderschaft war, da hat er sich ja gern von anderen Menschen einladen lassen und sich von ihnen bewirten lassen. Er selbst pflegte aber einen sehr bescheidenen Lebensstil. Und er verabschiedete sich von seiner Familie, dem kleineren und größeren Kreis, um auf Wanderschaft zu gehen und den Menschen das Reich Gottes zu verkündigen. Und für seine Botschaft blieb er sein Leben lang ehelos und kinderlos. Und es fällt uns auf, dass er in seiner Verkündigung den Menschen, die ihm zuhören, sagt, dass sie vorsichtig sein sollen, weil es die Gefahr gibt, dass uns die menschlichen Beziehungen und Besitz und Eigentum derart binden und fesseln, dass wir sehr eingeschränkt sind. Wenn ich familiär so gebunden bin, dass ich anderen, die mich brauchen, nicht mehr zur Verfügung stehen kann, dann muss ich vorsichtig werden. Ich muss bereit sein, manche menschliche Bindung hintan zu stellen und auf manchen Besitz zu verzichten. Ich muss immer wieder innehalten und schauen, wo ich stehe. Und wir dürfen von dem, was wir besitzen, nicht besessen sein. …
Ich glaube, das Lebensmotto der Heiligen Mutter Teresa, deren Todestag sich gestern gejährt hat, fordert uns auch heute noch heraus:
Wir alle sehnen uns nach dem Himmel und der Gegenwart Gottes,
aber es liegt an uns, schon hier und jetzt bei IHM zu sein.
In diesem Augenblick mit IHM zu sein, heißt:
Zu lieben, wie er liebt.
Zu helfen, wie er hilft.
Zu geben, wie er gibt.
Zu dienen, wie er dient.
Zu retten, wie er rettet.
Vierundzwanzig Stunden mit IHM zu sein
und IHN in seiner elendsten Verkleidung zu berühren.